deutsch | english

Strafprozessrecht: Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch Insolvenzverwalter möglich

Der BGH hat anlässlich des Wirecard-Untersuchungsausschusses mit Beschluss vom 27.01.2021 (Az. StB 48/20) entschieden, dass bei einer juristischen Person zur Schweigepflichtsentbindung von Berufsgeheimnisträgern die Erklärung der im Zeitpunkt der Zeugenaussage vertretungsberechtigen Personen genügt. Rechtsprechung und Literatur hatten bislang divergierende Auffassungen zu der Frage vertreten, ob lediglich die aktuellen oder auch frühere vertretungsberechtigten Personen bzw. Organe der juristischen Person den Berufsgeheimnisträger von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden müssen.

Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO besteht für Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater (u.a.) das Recht, das Zeugnis über Geschehnisse, die ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft anvertraut und bekanntgeworden sind, zu verweigern. Der Auftraggeber kann den potenziellen Zeugen jedoch von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden.

Ist der Auftraggeber eine juristische Person, können nach der aktuellen Entscheidung des BGH diejenigen die Entbindungserklärung abgegeben, die zur Vertretung der juristischen Person im Zeitpunkt der Zeugenaussage berufen sind. Ob im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahren und der Bestellung eines Insolvenzverwalter sowohl der Insolvenzverwalter als auch die aktuellen Organe der juristischen Person entbinden müssen, hat der BGH dagegen offengelassen. Jedenfalls im Normalfall soll die Entbindungserklärung des Insolvenzverwalters genügen, wenn sich das Vertrauensverhältnis auf Angelegenheiten der Insolvenzmasse bezieht.

Eine Entbindungserklärung der Personen, welche die juristische Person während des berufsbezogenen Vertrauensverhältnisses vertreten haben, ist nach Ansicht des BGH nicht erforderlich. Diese werden nicht automatisch in das berufsbezogene Vertrauensverhältnis zum Berufsgeheimnisträger eingezogen. Der BGH weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass in spezifisch gelagerten Sonderkonstellationen – etwa im Falle von sog. Doppelmandaten, d.h. der Beauftragung des Berufsgeheimnisträgers durch juristische Person und Organ gleichermaßen – etwas anderes gelten könne.

Wenn Sie betroffen sein sollten, prüfen wir gerne, wer im konkreten Einzelfall zur Abgabe der Entbindungserklärung befugt und ob eine bereits abgegebene Entbindungserklärung wirksam ist. Zögern Sie nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen.